Inhalt

267Em./2008 - Neuausrichtung der Aufgabenbereiche Tiefbau und Abwasserbeseitigung

Tagesordnung und Anlagen

Beschlussvorschlag:


Die Verwaltung wird beauftragt, eine mögliche Neuausrichtung der Bereiche Tiefbau inkl. Abwasserbeseitigung, Bauhof und Erschließungsbeitragswesen hin zu einer gemeinsamen Organisationsform zu prüfen.

Sachverhalt:


Die Verwaltung untersucht zzt. die möglichen Weiterentwicklungen einzelner Verwaltungsteile, auch unter Berücksichtigung von besonderen Betriebsformen. Eines der Untersuchungsfelder befasst sich damit, die Bereiche Tiefbau inkl. Abwasserbeseitigung, Bauhof und Erschließungsbeitragswesen wegen der gemeinsamen Schnittstellen in einer gemeinsamen Organisation zu vereinigen.

Als Oberste Prämisse für die Konzeptentwicklung wird von der Verwaltung gesehen, dass es ggf. aufgrund einer Neuausrichtung nicht zu Investitionen kommen sollte, die sich nicht amortisieren.

Allgemeine Einführung

Die Kommune kann die ihr obliegenden Aufgaben in verschiedenen Organisationsformen erfüllen:

• unmittelbar selbst im Rahmen einer Fachbereichsverwaltung,
• mittelbar durch Unternehmen bzw. Einrichtungen, die sich im vollständigen bzw. teilweisen Eigentum der Kommune befinden.






Mögliche Organisationsformen

Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf wirtschaftlich selbständigen und flexibel ausgestalteten, aber rechtlich unselbständigen Organisationseinheiten. Hierfür kommen – je nach dem Grad der Verselbständigung – grundsätzlich der Eigenbetrieb, die eigenbetriebsähnliche Einrichtung und der Regiebetrieb in Frage.

Die GO NRW unterscheidet zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Betätigungen (§ 107 GO NRW). Wirtschaftliche Betätigung erfolgt in Unternehmen, nichtwirtschaftliche in Einrichtungen. Die Organisationsform des Eigenbetriebs ist wirtschaftlichen Unternehmen vorbehalten (§ 114 Abs. 1 GO NRW).

Die Abwasserbeseitigung und der Bau sowie die Unterhaltung von Straßen und Brücken gehören zu den nichtwirtschaftlichen Einrichtungen im Sinne des § 107 Abs. 2 GO NRW. Auch die nichtwirtschaftlichen Einrichtungen sind, soweit es mit ihrem öffentlichen Zweck zu vereinbaren ist, nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu verwalten und können ent­sprechend den Vorschriften über die Eigenbetriebe geführt werden (= eigenbetriebs­ähnliche Einrichtung, § 107 Abs. 2 S. 2 GO NRW). Damit können die Aufgaben der Tiefbauverwaltung sowohl im Bereich des Straßenwesens als auch im Bereich der Abwasserbeseitigung auch durch eine eigenbetriebsähnliche Einrichtung wahrge­nommen werden.

Der Eigenbetrieb

Kommunale Eigenbetriebe sind die gemeindlichen wirtschaftlichen Unternehmen ohne eigene Rechtsfähigkeit und werden außerhalb des Haushaltsplans der Gemeinde nach kaufmännischen Grundsätzen als Sondervermögen verwaltet (§ 97 GO NRW).

Für wirtschaftliche Unternehmen der Kommunen ist der Eigenbetrieb die grundsätzlich in der Kommunalverfassung vorgesehene öffentlich-rechtliche Organisationsform. Dabei ist als wirtschaftliche Betätigung der Betrieb von Unternehmen zu verstehen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistung ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden könnte. Der Eigenbetrieb ist - wie vorab erwähnt - rechtlich unselbständig. Gegenüber Dritten bzw. dem Bürger handelt somit immer die Kommune und diese haftet auch mit ihrem gesamten Vermögen. Im Gegensatz zur rechtlichen Unselbständigkeit ist er aber organisatorisch und wirtschaftlich weitgehend gegenüber der Kommunalverwaltung verselbständigt. Dies zeigt sich z. B. durch die eigenen Organe, wie z. B. die Betriebsleitung und den Betriebsausschuss, das eigene Rechnungs- und Finanzwesen einschließlich Kassen- und Kreditwirtschaft mit selbständigen Wirtschafts-, Erfolgs-, Stellen- und Finanzplänen. Dabei sind die Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung in vollem Umfang anzuwenden, also auch einschließlich der Arbeitnehmervertretung in den zuständigen Gremien.















Die eigenbetriebsähnliche Einrichtung

Bei dem Begriff eigenbetriebsähnliche Einrichtung handelt es sich gewöhnlich um öffentliche Einrichtungen, die als nichtwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Kommunalverfassungsrechtes zu bezeichnen sind(z. B. Krankenhäuser, Volkshochschulen, Einrichtungen der Abwasserbeseitigung oder Abfallbeseitigung). Nordrhein-Westfalen hat für derartige nichtwirtschaftliche Unternehmen die Anwendung der Bestimmungen der Eigenbetriebsverordnung zugelassen. Auch nicht wirtschaftliche Einrichtungen sind in der Kommunalpraxis häufig wie Eigenbetriebe organisiert.
Sofern die Kommune die Vorschriften des Eigenbetriebsrechts in vollem Umfang zur Anwendung bringt, steht die eigenbetriebsähnliche Einrichtung im Ergebnis dem Eigenbetrieb gleich. Die Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung sind in modifizierter Form anzuwenden. Sie können jedoch auf freiwilliger Basis auch vollständig angewandt werden.

Der Regiebetrieb

Ein Regiebetrieb ist eine rechtlich, leitungs- und haushaltsmäßig unselbstständige Einrichtung der Kommunalverwaltung. Der Regiebetrieb wird als Fachbereich oder Abteilung einer Kommune geführt. Er arbeitet nicht selbstständig, alle Entscheidungen werden von der Gemeinde getroffen. Der Regiebetrieb ist ein Teil der Gemeindeverwaltung. Der zuständige Fachbereichsleiter führt den Regiebetrieb. Es besteht die Möglichkeit der Spezialisierung in der Leitungsebene durch eine gemeinsame Leitung (einmal für Finanzen und Verwaltung, zum anderen für Technik und Betriebe) mit weitgehender Eigenverantwortung der Leiter dieser Bereiche.

Die Haushaltsführung richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften für das kommunale Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, die Personalwirtschaft ist in den allgemeinen Stellenplan eingebunden. Die Führung und Steuerung dieser Einrichtungen erfolgt ergebnisorientiert auf der Basis der erbrachten Leistungen und der hierfür berechneten Entgelte.

Beim Regiebetrieb haben die Verwaltung und die politische Leitung einer Kommune durch die unmittelbare Einbindung in die kommunale Organisation die größten Einfluss-, Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten. Die Gemeinde kann so unbegrenzt den öffentlichen Zweck verfolgen und ihre politischen Zielsetzung umsetzen. Die Kontrolle übt auch hier der Rat aus. Der Regiebetrieb hat den Vorteil, dass kein zusätzlicher Aufwand durch Steuerungs- bzw. Kontrollgremien, wie z. B. Betriebsausschuss beim Eigenbetrieb entsteht.

Regiebetriebe können auch erfolgreich geführt werden, wenn umfängliche Kostentransparenz geschaffen wird. Transparenz der Kosten und Leistungen in Verbindung mit den inneren Verrechnungen können die Entwicklung zu einer Auftraggeber/Auftragnehmer-Struktur fördern, bei der sich sowohl die Auftraggeber (Bürgermeister, Rat und Verwaltung) als auch der Auftragnehmer (Regiebetrieb) ihrer jeweiligen Verantwortung bewusst sind.

Fazit

Nach § 2 NKF-Einführungsgesetz i.V.m. § 116 GO NRW haben die Gemeinden spätestens zum Stichtag 31.12.2010 einen ersten Gesamtabschluss aufzustellen. Zu dem Gesamtabschluss haben die Gemeinden ihren Jahresabschluss und die Jahresabschlüsse des gleichen Geschäftsjahres aller verselbständigten Aufgabenbereiche in öffentlich-rechtlicher oder privat-rechtlicher Form zu konsolidieren.

Beweggründe aus rein haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten zur Bildung eines Eigenbetriebes oder einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung können nach Einführung des NKF demzufolge nicht mehr als ausschließliche Grundlage herangezogen werden.

Strukturen der eigenbetriebsähnlichen Einrichtung bzw. eines Eigenbetriebes können unter Kontrolle des Rates losgelöst von den Strukturen der Verwaltung zusätzliches eigenverantwortliches wirtschaftliches Handeln usw. erbringen. Der Aufbau des NKF und die damit zusammenhängenden Strukturen haben in der Verwaltung schon wesentliche Änderungen mit sich gebracht, die ein transparenteres wirtschaftlicheres Handeln und auch mehr Eigenverantwortlichkeiten in den Fachbereichen mit sich bringen werden. Nicht desto trotz könnte überlegt werden, eigenbetriebsähnliche Strukturen auch für den hier in Rede stehenden Aufgabenbereich nach und nach aufzubauen und somit eine Verselbständigung bzw. autonomere Organisation für diesen auch nach außen hin wirksamen Bereich zu schaffen.

Die Bildung eines Eigenbetriebes oder einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung erfordert einen hohen zeitlichen Vorlauf und könnte frühestens zum 01.01.2010 erfolgen.

Gegenüber der jetzigen Situation tritt nach ersten Erfahrungen von anderen Kommunen vermutlich keine Verbesserung auf, sondern eher ein erhöhter Koordinierungsaufwand und Schaffung eines "Overheads" für Personal-, Organisations- und Finanzfragen in diesem Eigenbetrieb. Diese Aussage gilt auch für eigenbetriebsähnliche Einrichtungen, die nach den Regeln der Eigenbetriebsverordnung geführt werden.

Die Bildung einer neuen Organisationseinheit in Form eines Fachbereiches 4 „Tiefbau, Bauhof und Erschließung“ könnte bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgen, da keine besonderen organisatorischen Maßnahmen durch die Verwaltung erbracht werden müssen. Organisatorisch und personalwirtschaftlich ist diese Lösung mit dem geringsten Aufwand verbunden. Die genannten Aufgabenbereiche müssten in einem neuen Fachbereich zusammengeschlossen werden, sowie ein Fachbereichsleiter und ein Vertreter müsste bestellt werden.

Durch die Bündelung der Aufgabenbereiche Straßenunterhaltung, Kanal- und Gewässerunterhaltung, Friedhöfe, Bauhof und Erschließungsbeitragsrecht zu einer Organisationshoheit entfallen zahlreiche Schnittstellenproblematiken, die eine wirtschaftlichere und ressourcenschonende Mittelverwendung erwarten lassen. Weiterhin könnten einzelne Arbeitsabläufe gestrafft werden. Die bestehenden Aufgaben könnten prozessoptimiert und flexibel weitergeführt werden.

Jede Form der Privatisierung ist in der Startphase mit höheren Kosten verbunden, die nur unter Umständen durch die Organisationsform und den wirtschaftlichen Druck in den nächsten Jahren wieder hereingeholt werden können.

Zu hinterfragen ist selbstverständlich auch, ob die Vorteile der größeren Flexibilität und der Übersichtlichkeit des Rechnungswesens bzw. der Hauptaugenmerk auf Wirtschaftlichkeit nicht auch durch die Umsetzung des Neuen kommunalen Finanzmanagements erfolgen kann.

Auch Fachbereiche können Verluste minimieren und wirtschaftlich arbeiten. Gerade das NKF sowie die hierzu noch zu etablierenden Instrumente (z. B. Kontraktmanagement u. Kosten- und Leistungsrechnung) werden hierzu künftig förmlich zwingen.

Die Einführung eigenbetriebsähnlicher Strukturen macht nur Sinn, wenn auch betriebswirtschaftlich positive Ergebnisse zu erwarten sind. Dies könnte mit den neuen NKF-Strukturen (Abkehr von der Kameralistik hin zu betriebswirtschaftlichem Rechnungswesen etc.) Schritt für Schritt auch konkreter überprüft werden.

Eine abschließende Beurteilung der optimalen Organisationsform kann erst getroffen werden, wenn festgestellt ist, welche Auswirkungen die Bildung eines Eigenbetriebes oder einer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung im Hinblick auf das NKF hat. Hierzu muss in Verbindung mit der Kämmerei eine genaue Prüfung erfolgen.

Es wird daher vorgeschlagen, die Verwaltung zu beauftragen, zu prüfen, wie die Bereiche „Tiefbau, Friedhöfe, Erschließung und Bauhof“ zukünftig organisatorisch neu ausgerichtet werden können.

Beratungsweg

Hier können Sie den Beratungsweg und die Beschlussfassungen zur Vorlage verfolgen

Rat, 18.12.2008

Beschluss:

Die Verwaltung wird beauftragt, eine mögliche Neuausrichtung der Bereiche Tiefbau inkl. Abwasserbeseitigung, Bauhof und Erschließungsbeitragswesen hin zu einer gemeinsamen Organisationsform zu prüfen.
Abstimmergebnis:
einstimmig